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Warum ich OB werden will
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Stuttgart steht vor einer historischen Zäsur. Seit 200 Jahren wächst die Stadt und ihr Ballungsraum. Zählte Stuttgart im Jahr 1800 noch 20 000 Einwohner, so waren es 1900 bereits 250 000 und heute ist die Stadt mit knapp 600 000 Einwohnern die sechstgrößte in Deutschland. Noch stärker als die Zentralstadt selbst ist der Bevölkerungszuwachs im Umland ausgefallen: Fast zwei Millionen Menschen wohnen heute außerhalb Stuttgarts und doch in der Region Stuttgart. Doch die Grenzen des Wachstums sind erreicht. In knapp 20 Jahren wird die Region ihre höchste Einwohnerzahl erreicht haben, danach beginnt ein langsamer Bevölkerungsrückgang verbunden mit drastischer Alterung der Bevölkerung und des Anwachsens des Anteils der Menschen mit Migrationshintergrund. Stuttgart auf diesen fundamentalen Wandel vorzubereiten, ist meine wichtigste Motivation für die OB-Kandidatur.

Weil alle Welt glaubt, der demografische Wandel sei mit einer Korrektur der Rentenformel erledigt, ist Stuttgart bislang keineswegs auf die bevorstehenden Veränderungen eingestellt. Wenn alles weiter geht, wie bisher, dann werden noch 20 Jahre lang Wohnungen in immer größerer Entfernung von Stuttgart gebaut. Die erzwungene Wanderungsbewegung nach Calw, Backnang oder Schwäbisch Gmünd setzt sich fort, vor allem junge Familien ziehen weg.

Das bedeutet: Im Jahr 2020 sind die Staus und die Wege zur Arbeit noch länger, die Trennung in deutsche Bevölkerung im Eigenheim auf dem Land und Ausländer in Armenvierteln in der Stadt noch schärfer, die Zersiedelung der Landschaft noch schrecklicher, die Umweltzerstörung noch gravierender und die Vereinsamung in toten Schlafdörfern noch ausgeprägter als heute. Stuttgart wird an vielen Ecken veröden, viele Areale werden ungenutzt liegen bleiben, weil es an Investitionsbereitschaft fehlt. Das ist kein Horrorszenario, sondern beobachtbare Realität in Städten, die früher von dieser Entwicklung erfasst wurden, vor allem in Ostdeutschland und im Ruhrgebiet.

Ich will die verbleibende Zeit, in der die Region Stuttgart noch Wachstumskräfte aus Bevölkerungszuwachs mobilisieren kann, dazu nutzen, den Trend zu brechen. In Stuttgart sind über 500 ha brach liegende Altflächen identifiziert, von alten Industrie- und Bahnarealen bis zu Klinikgeländen, die Stuttgarts Zukunft sein könnten, wenn sie wieder genutzt werden. Auf diesen Flächen könnten nach dem Vorbild der alten europäischen Stadt neue Quartiere mit einer bunten Mischung aus Wohnen, Arbeiten, Versorgen und Kultur entstehen. Hier könnten bis zu 50 000 Menschen eine neue Heimat finden.

Damit würde Stuttgart die demografischen Herausforderungen der Zukunft anpacken. Denn in diesen Quartieren gelingt Integration, durch gute Stadtplanung können Alt und Jung, Deutsch und Nichtdeutsch, Arm und Reich zusammen kommen. In der Stadt der kurzen Wege, sind Berufstätigkeit und Familie leichter vereinbar, helfen Senioren jungen Familien und umgekehrt. Eine vorausschauende Siedlungsplanung lässt Verkehrsnotwendigkeiten gar nicht erst entstehen, die Nutzung innerstädtischer Flächen vermeidet immer weitere Eingriffe in die Natur. Das will ich mit den Bürgerinnen und Bürgern anpacken.

Vielleicht haben Sie an dieser Stelle etwas ganz anderes erwartet. Natürlich gibt es noch viel mehr Gründe, warum ich Stuttgart in die Zukunft führen möchte. Ich bin überzeugt, dass ich besser als der Amtsinhaber die Scharnierfunktion des Oberbürgermeisters zwischen Stadtgesellschaft und Stadtverwaltung erfüllen könnte. Ich bin sicher, dass meine Wahl Stuttgarts Image in der Republik positiv beeinflussen und meine Auftritte in der Öffentlichkeit Identifikation stiften würden. Ich will statt überzogener und teurer Großprojekte das in Angriff nehmen, was die Menschen hier brauchen, von mehr Kinderbetreuung und Schulhaussanierungen bis zur Förderung einer lebendigen und innovativen Kulturszene. Und doch steht für mich die Vorbereitung Stuttgarts auf den bereits absehbaren Übergang vom wachsenden in einen schrumpfenden Ballungsraum im Vordergrund. In langen Linien denken zu müssen, ist eben auch ein Privileg der jungen Generation. Ich freue mich auf Ihre Unterstützung bei dieser Aufgabe!

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