Damit die Versöhnung der Stadt mit dem Auto gelingt, muss der Marktanteil stadtverträglicher Verkehrsmittel wachsen. Das sind Bus und Bahn, aber auch das Fahrrad.
Ähnlich wie bei den Straßenbauinvestitionen ist hier eine neue Strategie gefragt. In den letzten zwei Jahrzehnten floss der Großteil der Investitionen in den Stadtbahnbau. Ein qualitativ höchstwertiges U-Bahn-System entstand, auf das viele Stuttgarter zu Recht stolz sind. Dieses System gerät jedoch zunehmend an seine Grenzen:
Die Stadtbahn ist ein Hochgeschwindigkeitssystem im Nahverkehr. Deshalb kann sie nur auf wenigen Linien verkehren und benötigt große Haltestellenabstände. Die baulichen Anforderungen machen den Stadtbahnausbau zudem ausgesprochen teuer und folglich langsam. Trotz einer Milliardeninvestition ist es deshalb nicht gelungen, den Marktanteil des öffentlichen Verkehrs in Stuttgart zu erhöhen. Er stagniert seit zwei Jahrzehnten bei knapp über 20%.
Andere Städte ähnlicher Größe zeigen, dass 40-50% Marktanteil für die öffentlichen Verkehrsmittel durchaus machbar sind. Dafür benötigt Stuttgart neben der S-Bahn für die Einpendler und der Stadtbahn für die schnellen Verbindungen in der Stadt ein attraktives System für die Erschließung der Fläche: die moderne Variante der Straßenbahn, die in vielen Städten eine regelrechte Renaissance erlebt.
Mit den heute verfügbaren Niederflurfahrzeugen, die denselben Komfort wie die Stuttgarter Hochbahnwagen bieten,
hat die Straßenbahn gegenüber der Stadtbahn in der Fläche viele Vorteile:
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Sie kommt mit geringerer Fahrgastnachfrage aus, sie ist leichter ins Straßenbild integrierbar (keine Hochbahnsteige), sie ist leichter zugänglich (ebenerdig), sie kann öfter halten (kurze Wege zur Haltestelle), und sie ist erheblich billiger.
Mein Ziel ist es, bis zum Jahr 2020 neben S- und Stadtbahn ein Straßenbahnsystem in Stuttgart zu etablieren, das den entscheidenden Beitrag zur Verdoppelung des Marktanteils öffentlicher Verkehrsmittel erbringt. Der Busverkehr, der heute meist alte Straßenbahnlinien ersetzt, muss auf die Feinverteilung ausgerichtet werden. In Stuttgart sind die Wege zur nächsten Haltestelle oft mehr als einen Kilometer lang. In städtischen Gebieten gelten 300 Meter als Standardwert. Gerade in einer alternden Gesellschaft ist es wichtig, mit öffentlichen Verkehrsmitteln näher an die Wohnung zu gelangen als bisher. Deshalb will ich das Busnetz im Zuge der Etablierung der Straßenbahn neu organisieren und die vielen Lücken im Liniennetzplan Zug um Zug, Bus um Bus schließen.
Kostengünstiger als jedes andere Verkehrsmittel ist für die öffentliche Hand das Fahrrad. Ein zusammenhängendes, taugliches Radwegenetz ist in Stuttgart immer noch ein unerfüllter Wunsch. Dabei bleiben viele Möglichkeiten wie die Öffnung der Einbahnstraßen oder die Markierung von Radstreifen aus falsch verstandener Autofreundlichkeit ungenutzt. Mein Ziel ist es, bis 2010 die Voraussetzungen für genussvolles Radfahren in Stuttgart zu schaffen und damit den Anteil des Radverkehrs in sechs Jahren mindestens zu verdoppeln. Das von OB Schuster vorgestellte 10-Punkte-Programm kann dafür eine gute Richtschnur sein. Ich werde aber nicht erst am Ende meiner Amtszeit auf seine Umsetzung drängen, sondern von Anfang an.
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